Indien

Kalkutta: Chaos und Slums

1. Oktober 2014
Menschenrikschas in Kalkutta

Mit rund 15 Millionen ist die Hauptstadt Westbengalens Kalkutta (oder Kolkata) die siebtgrößte Stadt Indiens. Kalkutta ist den meisten von euch wahrscheinlich durch Kinofilme wie „Piraten der Karibik“ bekannt, denn bis 1911 war Kalkutta das Zentrum des British-Empires in Indien, wichtige Industrie- und Handelsstaat und kommt dementsprechend oft in Seefahrer- und Piratenfilmen vor.

Für mich persönlich ist Kalkutta eine der chaotischsten Städte, die ich in Indien kennenlernen durfte. Und in keiner Stadt auf der Welt habe ich mich jemals so hemmungslos verlaufen wie hier. Der Verkehr ist unvergleichbar, man kommt nur schwerlich voran und die Luft ist verschmutzt von Abgasen, Staub und Gestank. Kalkutta ist nach wie vor eine wichtige Handelsstadt Indiens. Vom Hafen tragen Männer unentwegt riesige, manneshohe Warenpakete auf ihren Rücken in die Stadt und verteilen sie an die Speicher. Überall stehen vollbeladene LKWs auf der Straße, die Ware liegt auf den Boden, die Einwohner Kalkuttas wirren wir Wespen um ein Nest. Das alles hier scheint ein System zu haben, auch wenn wir es nicht erkennen und uns wie Hindernisse im geschäftigen Treiben der Stadt vorkommen. Immer wieder werden wir angerempelt, von den Autos angehupt und die Rikschas fahren uns beinahe über die Füße.

Rikschas, ein gutes Stichwort! Denn Kalkutta ist der einzige Ort in Indien, in dem wir Menschenrikschas sehen. Anstatt Mopeds oder Fahrräder werden in Kalkutta teilwiese noch Menschen vor die Rikschas gespannt. Ein Knochenjob, den die verschwitzten Rikschaläuferda haben. Bis zu zwei Personen und Gepäck ziehen die sehnigen Rikschaläufer an langen Holmen durch das Verkehrschaos. Eigentlich gelten Laufrikschas in Indien als unmenschliche und veraltete Transportmethode und sind mittlerweile verboten, aber in Kalkutta gelten wohl andere Gesetze.

Googelt man die Stadt, so wird einem Kalkutta in den Suchtreffern als „Stadt der Freude“ angepriesen. Ein Slogan, der aber nur wenig mit der Realität gemein hat, denn ein Großteil der Menschen in Kalkutta leben in bitterer Armut und kämpfen jeden Tag aufs Neue ums Überleben. Vielmehr ist Kalkutta die Stadt der indischen Slums und des Elends.

Ein wichtiger Teil des Lebens findet für die Einwohner von Kalkutta am Fluss Hooghly, einem Seitenarm des Ganges, statt. An den Steintreppen (sogenannte Ghats), die hinab zum Wasser führen, wimmelt es von Hindus, die hierher kommen, um sich von ihren Sünden reinzuwaschen. Die Menschen baden im Wasser oder trinken es. Auch verbrennen die Hindus hier ihre Verstorben und werfen ihre Überreste dann in den Fluss. Doch außer Menschenleichen werden auch Tierkadaver und Abfälle in den Fluss geworfen, dementsprechend verschmutzt und verseucht ist das Wasser hier.

In Kalkutta ist die frühere Kolonialherrschaft Großbritanniens bis heute spürbar. Es gibt zahlreiche Bauwerke im Kolonialstil wie beispielsweise die St. Andrews Kirk, die St. Pauls Cathedral oder das Victoria Memorial. Doch der Zahn der Zeit nagt deutlich an Kalkutta, alles ist ein wenig schmuddelig, verfallen und modrig.

Fazit zu Kalkutta

Kalkutta liegt nicht gerade auf der Standardroute eines Indien-Reisenden, und ich würde auch nicht unbedingt jedem raten Kalkutta zu besichtigen. Kalkutta wühlt auf, Kalkutta macht nachdenklich, Kalkutta ist Stress – und doch bin ich sehr froh dort gewesen zu sein. Kalkutta hat zwar keine nennenswerten Sehenswürdigkeiten, doch die Stadt an sich ist sehenswert genug und gibt Einblicke in eine fremde, teilweise unverständliche Kultur. Kalkutta ist für Indien-Erfahrene!

Gallerie Kalkutta

 

Zur Planung eurer Südindienreise, unter anderem nach Kalkutta, empfehle ich euch das Stefan Loose Reiseführer für Südindien.

Bilder:  © Doreen Schollmeier

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